Was Sie für eine optimale Partievorbereitung brauchen und warum die Frage, was die anderen über Sie wissen, so wichtig ist.

PARTIE­VORBEREITUNG

Wie beim Kochen. Für eine gelungene Partievorbereitung braucht es auch einige Zutaten.

Was Sie brauchen, um sich vorzubereiten

Bei Turnieren, in machen Fällen auch bei Mannschaftswettkämpfen, wissen Sie schon einige Zeit im Voraus gegen wen Sie spielen werden. Das erlaubt Ihnen eine ganz gezielte Vorbereitung auf Ihren jeweiligen Gegner oder Ihre jeweilige Gegnerin.

Dabei gilt grundsätzlich, je mehr Sie über Ihr Gegenüber vor Partiebeginn herausfinden, desto chancenreicher starten Sie in die Partie.

Für die Vorbereitung unbedingt notwendig

Grundlage jeder Vorbereitung sind gegnerische Partien. Haben Sie keine Partien von Ihrem Gegenüber, sieht es schlecht aus.

In vielen Fällen finden Sie Partien kostenlos im Internet, es gibt aber auch professionelle Partiesammlungen, sogenannte Schachdatenbanken, die Sie käuflich erwerben können. Das erspart Ihnen in der Tat viel Zeit beim Suchen, vor allem, wenn Sie sich nicht nur ein einziges Mal auf jemand vorbereiten wollen.

Im Idealfall hat das von Ihnen gesammelte Material einen gewissen zeitlichen Bezug zur Gegenwart. Ist das nicht der Fall, können Sie manchmal anhand des langfristigen Eröffnungsverlaufs gewisse Erkenntnisse gewinnen. Hat jemand vor zwanzig Jahren eine Partie mit einer bestimmten Variante gespielt und vor fünf Jahren immer noch, besteht doch eine gewisse Chance, dass diese Variante auch jetzt aufs Brett kommen könnte. Haben Sie es hingegen mit jemand zu tun, der sein Repertoire häufiger wechselt, sind Partien, die schon vor längerer Zeit gespielt wurden, weniger aussagekräftig.

Zu alt sollten die Partien, die Sie für Ihre Vorbereitung verwenden, nicht sein.

Eine gewisse Vorsicht ist geboten, wenn Sie nichts schwarz auf weiß haben. Oft geht es dann um Hörensagen, also um das, was andere Ihnen über das Spiel Ihres Gegenübers erzählen. Das kann stimmen, aber ebenso auch nicht, oder hat früher einmal gestimmt und ist inzwischen nicht mehr aktuell.

Wenn Sie nach der Partie meinen, Sie hätten mit dieser und dieser Variante gerechnet und bekommen beispielsweise als Antwort "Das spiele ich nur, wenn ich unbedingt gewinnen muss.", dann ist das ein guter Beweis dafür, dass hinter der rein mathematischen Betrachtung gegnerischer Variantenhäufigkeit noch so manch Verborgenes liegen kann. Erfahrung spielt bei der Vorbereitung eine nicht unbedeutende Rolle.

Für die Vorbereitung auch nicht schlecht

Sehr effektiv sind Schachdatenbankenprogramme, die die gezielte Auswertung von Informationen der von Ihnen gefundenen Partien zu bestimmten Spielern und Spielerinnen ermöglichen. Die Software vergleicht und verknüpft Partien miteinander und findet auf diese Weise Gemeinsamkeiten. So bekommen Sie jederzeit rasch einen sehr detaillierten Überblick über die gegnerische Spielweise. Das ist der Methode des Nachspielens jeder einzelnen Partie weit überlegen.

Besonders wenn Sie vorhaben, immer wieder einmal ein Turnier zu spielen oder regelmäßig an Vereins- oder Betriebsmeisterschaften teilnehmen, ist es sinnvoll, sich von moderner Technik helfen zu lassen.

Schon seit längerer Zeit ist es möglich, weltweit Partien im Internet zu finden und elektronisch zu verarbeiten. Dadurch sind riesige Datenbanken mit Millionen von Partien entstanden.

In diesem Fall empfiehlt es sich, eine eigene Datenbank mit einer allgemeinen Partiensammlung anzulegen. Neue Partien, die Sie finden, speichern Sie am besten dort. Achten Sie aber darauf, Partien nicht doppelt oder dreifach zu speichern, das würde ihre Schlussfolgerungen verfälschen.

Was wissen die anderen über mich?

Eine sehr wichtige Frage, denn nicht nur Sie nutzen die Partien Ihres Gegenübers für Ihre Vorbereitung, sondern je nach Lage der Dinge möglicherweise/wahrscheinlich/sicher auch umgekehrt.

Sammeln Sie Ihre eigenen Partien sorgfältig

Weil es durchaus nicht ausgeschlossen ist, dass Sie in Zukunft gegen jemanden spielen, der Ihnen schon einmal gegenübersaß, ist das Sammeln der eigenen Partien sehr zu empfehlen, auch jener, die nie veröffentlicht wurden. Das elektronische Speichern bietet hier erneut viele Vorteile. Am besten legen Sie eine Datenbank nur mit eigenen Partien an, damit Sie jederzeit und schnell darauf zugreifen können.

Wenn Ihre Partieformulare hingegen unbearbeitet im Papierkorb landen, können Sie sich nach ein paar Jahren vielleicht nur mehr an das Ergebnis erinnern, wenn überhaupt. Gegen Spieler und Spielerinnen, die sich gewissenhaft vorbereiten, ist das ein erheblicher Nachteil. Die Gefahr, eventuell auf die gleiche Weise wieder in Schwierigkeiten zu kommen, verringert sich jedenfalls mit einer vollständigen eigenen Partiensammlung deutlich.

Der Begriff "antizipieren"

Zu versuchen, einen bestimmten Partieverlauf zu antizipieren bedeutet, ein wenig, im Idealfall besser mehr, vorherzusehen, was am Brett geschehen könnte.

Haben Sie "sichtbare Fehler" im eigenen Repertoire, sollte Sie diese unbedingt verbessern.

Kennen Sie beispielsweise jene eigenen Partien, die andere für ihre Vorbereitung nutzen, ist es möglich, dieses Wissen in Ihre eigene Vorbereitung einfließen zu lassen. So können Sie etwa auf Ungenauigkeiten in der Vergangenheit reagieren, indem Sie Ihre eigenen Varianten verbessern oder frühzeitig davon abweichen. Das ermöglicht Ihnen, gefährliche Überraschungen vorzubereiten.

Der Sinn der Vorbereitung

Meistens wird der Begriff "Partievorbereitung" als Synonym zu "Eröffnungsvorbereitung" betrachtet. Es stimmt zwar, dass das Hauptaugenmerk bei der Vorbereitung in der Regel auf Eröffnung liegt, aber zweifelsohne kann das Wissen über verschiedenen Details das gegnerischen Spiels weit über die Eröffnung hinaus hilfreich sein.

In der Eröffnung

In der Eröffnung können Sie bestimmten Lieblingsvarianten Ihres Gegenübers grundsätzlich ausweichen oder aber versuchen, in diesen Varianten Überraschungen vorzubereiten. Das kann Ihnen etwa mit Zugumstellungen gelingen, die auf nicht so bekanntes Terrain führen. Oder Sie suchen eine wenig bekannte Nebenvariante, die Sie eingehend studieren.

Weil ich gerne Spieler und Spielerinnen aller Spielstärken ansprechen möchte, ist der Schwierigkeitsgrad meiner Beispiele stark gestreut. Sie finden an anderer Stelle meiner Website einfachere, aber auch schwierigere Beispiele.

Optimale Partievorbereitung in der Eröffnung

Nehmen wir an, Sie wissen, dass Ihr Gegenüber in Ihrer Lieblingsvariante Zweispringerspiel mit 4.Sg5 fortsetzt. Weiters haben Ihre Recherchen ergeben, dass in allen gegnerischen Partien, die veröffentlicht wurden, immer die Hauptvariante 5. ... Sa5 aufs Brett kam. Auch in Ihren Partien findet man ausschließlich diesen Zug.

  • Weiß am Zug
    Schachdiagramm für Partievorbereitung - Motiv Angriff.
    Beispiel 1

    Um das Spiel zu verschärfen und in andere Bahnen zu lenken, möchten Sie nun den seltener gespielten Angriffszug 5. ... b5 vorbereiten.

    Wie soll Weiß auf die Bedrohung seines Läufers am besten reagieren?

  • Lösung
    Schachdiagramm für Partievorbereitung - Motiv Angriff.








    Mit 6.Lf1.

    Das naheliegende 6.Lxb5 wäre wegen 6. ... Dxd5 weniger stark. Der Läuferrückzug nach f1 ist äußerst kontraintuitiv und setzt exzellentes eröffnungstheoretisches Wissen voraus.

Bei der Vorbereitung findet man sowohl auf Ihrer als auch auf gegnerischer Seite Partien mit 5. ... Sa5. Es handelt sich um einen Repertoireschnittpunkt. Die Abweichung 5. ... b5 findet sich auf keiner Seite, deshalb ist es unwahrscheinlich, dass Ihr Gegenüber damit rechnet. Das bedeutet, dass es auf die gegnerischen Theoriekenntnisse aus dem Stegreif ankommt.

Natürlich müssen Sie damit rechnen, dass der Zug ... b5 nicht gänzlich unbekannt ist. In der Regel erkennen Sie das daran, ob die Antwort ziemlich rasch oder erst nach langem Überlegen kommt. Durch längeren Bedenkzeitverbrauch vorzutäuschen, in einer Variante nicht sattelfest zu sein, ist ein anderes Thema. In jedem Fall haben Sie den Vorteil, dass Sie gut vorbereitetes Wissen gegen laufendes Wissen ausspielen können.

Das Vorbereiten von Überraschungen ist einer der gefährlichsten Waffen in der Eröffnung.

Ein Trainingstipp in diesem Zusammenhang wäre das praktische Ausspielen der vorbereiteten Varianten gegen Ihre Engine.

Im Mittelspiel, im Endspiel und überhaupt

Auch im Mittel- und im Endspiel können Sie durch geschickte Vorbereitung eigene Stärken ausspielen. Glauben Sie etwa taktisch besser zu spielen als Ihr Gegner oder Ihre Gegnerin, bietet sich eine Verschärfung des Spiels an. Umgekehrt kann aber auch die Abwicklung ins Endspiel für Sie chancenreicher sein.

Beim Nachspielen von gegnerischen Partien können Sie auch sonst einiges erkennen. Eine ausgeprägte Remisneigung beispielsweise lässt sich ziemlich rasch feststellen.

Die Länge der Vorbereitung

Wie lange eine Vorbereitung dauern soll, hängt von vielen Umständen ab. Jedenfalls nicht zu empfehlen ist, sich am Spieltag ewig lange vorzubereiten, und so schon völlig ausgepowert zur Partie zu erscheinen.

In der Praxis passiert das häufig, weil immer noch irgendeine Variante gefunden wird, von der man glaubt, dass sie ja vielleicht doch aufs Brett kommen könnte.

Vorbereitung bei Teambewerben

Selbstverständlich bieten auch Mannschafts­meisterschaften Gelegenheit zur Partievorbereitung. Weil es hier aber in der Regel meist mehrere Möglichkeiten gibt, wer einem gegenüber sitzen könnte, ist die Vorbereitung viel aufwendiger. Zusätzliches Fingerspitzengefühl, wer nun tatsächlich kommen wird, ist gefragt und natürlich viel Fleiß.

Es kann auch Sinn machen, sich als Team gemeinsam auf einen Wettkampf vorzubreiten. Das gilt besonders, wenn in einem Bewerb nicht die Partiepunkte entscheidend sind, sondern die Matchpunkte. Hier kann beispielsweise vorab besprochen werden, wer versuchen sollte, auf Gewinn zu spielen oder eher auf Remis.

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